Ausbildung „Anschlagmittel / maschinelle Zugeinrichtung“

20.12.2022 um 09:42 Uhr

Bericht

Genau zwei Tage bevor sich die Indienststellung des Rüstwagens am 19.12. zum zweiten Mal jährt, konnte endlich ein Termin mit „Heavy Rescue Germany“ für den Lehrgang „Anschlagmittel / maschinelle Zugeinrichtung“ gefunden werden. Wie so viele Schulungen musste auch hier die Planung und Terminfindung mehrfach aufgrund der Covid Pandemie verschoben werden. In Aschheim steht zwar seit 1995 eine maschinelle Zugeinrichtung zur Verfügung, allerdings haben sich Techniken und Taktiken im Umgang mit den Anschlagmitteln stark gewandelt, denkt man nur mal an die Kettenrettung im Stile der Oslo-Methode. Außerdem war die Ausbildung an der Zugeinrichtung bisher eher rudimentär auf die Technik fokussiert. Das Wissen über Anschlagmittel leitete man von der Ausbildung am Mehrzweckzug und vom Ladekran ab. So wurde es also Zeit, den Wissenstand zu erweitern. Anstelle von Weihnachtsfeiern hat es für zehn Aschheimer und je ein Dornacher und Ismaninger Kamerad an zwei Abenden je knapp über vier Stunden Ausbildung gegeben und das bei „bestem Ausbildungswetter“.
Am Donnerstag hat es zunächst noch in der warmen Fahrzeughalle gegolten, die mitgeführten Anschlagmittel von RW sowie HLF aus den Fahrzeugen zu holen und auszubreiten. Der HRG Ausbilder Irakli West erläuterte die Eigenschaften von textilen Anschlagmitteln (Rundschlingen), Ketten, Spanngurten, Schäkeln usw. und zeigte die einzelnen Vorteile der Ausrüstung auf. Spannend war das schon allemal. Außerdem hat sich gezeigt, dass der RW schon sehr gut ausgerüstet ist.
Anschließend haben die Teilnehmer aus der warmen Stube auf den Übungsplatz verlegt. Dort hat es anfangs noch verhaltenen, später stärker werdenden Schneeregen sowie Temperaturen um den Gefrierpunkt gegeben. Riesig, aber hilft ja nix.
In der erste Praxisübung sind sich der RW und das HLF gegenübergestanden. Die maschinelle Zugeinrichtung ist zunächst direkt und dann mit Umlenkrolle am HLF angeschlagen worden. Gut zu beobachten waren die benötigten Zugkräfte, um entweder den RW oder das HLF (je nachdem welches Fahrzeug grad mehr Eis und Schneematsch unter den Reifen gehabt hat) zu bewegen und wie die Unterschiede von den auf alle vier Räder wirkenden Feststellbremsen im Vergleich zu den Betriebsbremsen der Fahrzeuge ausfielen. In den folgenden Lagen, galt es dann, verschiedene Schrott – PKW wahlweise durch zwei Pylonen auf eine markierte Fläche zu ziehen. Verkürzen und Verlängern der entsprechenden Ketten sowie die richtige Peilung waren hier der Schlüssel zum Erfolg.

Tag zwei war ein reiner Lagentag und auch das Wetter war bedeutend besser, – 5 Grad Celsius aber dafür ohne Regen bzw. Schneefall, der kurz vor der Übung aufgehört hat. Diesmal war auch das Dornacher HLF mit Winde vor Ort. Zunächst haben die Teilnehmer einen Schrott-PKW auf die Seite an einen der Übungsbusse gelegt. Mit Kanterhölzern, Schnee schaufeln und Manpower hat das auch ohne Winde geklappt. Schließlich musste der PKW samt „eingeklemmter Person, innerem Retter“ schnell auf die Fahrbahn gezogen werden, ohne zu kippen. Natürlich war der Aufstellpunkt des RW dabei ungünstig und es waren auch zwei Hindernisse im Weg, durch die der PKW gezogen werden musste. Im Anschluss galt es wieder mit Handkraft einen Transporter in eine Lage zu bringen, in der er gerade so auf der Kante „kippelt“. Bedingt durch Eis und Schnee hat der Weg des Transporters dann aber quasi ohne Zwischenstopp und ungeplant direkt in die Sickergrube geführt. Aber mit Hilfe der Anschlagketten und Zugeinrichtung war der Transport gleich wieder aus der Grube gezogen und in die befohlene „kippelnde“ Position gebracht worden. Dann erfolgte auch schon die nächste Ansage: die Besatzung des RW sollte allein den PKW gegen „Kippen“, also Abstürzen, sichern – zwei Minuten, so die Zeitvorgabe. Der Trupp reagierte schnell und hat den Transporter mit einen Ratschengurt am RW gesichert. Manchmal kann`s so einfach sein.
Im nächsten Szenario sind beide maschinellen Zugeinrichtungen zum Einsatz gekommen. Ein PKW musste von den Rädern auf die Seite gedreht werden und anschließend wieder zurück. Dabei musste die zweite Zugeinrichtung als Sicherung dienen, so dass der PKW in beide Richtungen kontrollierbar war. Da der Boden jedoch aufgrund der niedrigen Temperaturen und dem Schnee-Eis-Matsch-Gemisch alles andere als griffig war, mussten mehrere Versuche nach „try and error“ – Verfahren gestartet werden. Da die Reifen nicht genügend Haftung boten, haben Holzkeile auch keine Wirkung gezeigt. Die danach angeschafften Unterbauten als Wiederlager sind ebenfalls auf dem Untergrund davon gerutscht. Abhilfe hat schließlich eine Kettenkonstruktion geboten, die den PKW zunächst die gegenüberliegenden Räder am Zugseil des RW fixiert hat. So konnte der PKW aus dem Stand gehebelt werden. Als der PKW schließlich den Kipppunkt erreicht gehabt hat, ist er an der dritten Kette gehangen, die den PKW jetzt am Zugseil gehalten hat. Auftrag ausgeführt! Beim Zurückstellen auf die Reifen hat sich dann gezeigt, dass beim Einsatz zweier unterschiedlicher maschinellere Zugeinrichtungen sehr genau auf das Verhalten der Seile geschaut werden muss. Während der RW den PKW mit hoher Geschwindigkeit angezogen hat, hat die Zugeinrichtung vom Dornacher HLF das Seil nicht schnell genug abgelassen, was sich in extrem knirschenden Geräuschen am PKW und einer sauberen Deformation des Daches gezeigt hat. Das war ein bisserl wie Fingerhackeln für Große….
In der vorletzten Lage war die Aufgabe, einen PKW mittels Umlenkrolle durch zwei Hindernisse (simuliertes Garagentor) hindurch zu ziehen. Mit der richtigen Peilung und Positionierung der Umlenkrolle war das ein Kinderspiel. In der letzten Lage des Tages ist eine Einsatzübung auf dem Programm gestanden. VU mit PKW, Person eingeklemmt, PKW kommt im Graben zum Stehen – Showtime für die Oslo-Kettenrettung. Zunächst wurde der verunfallte PKW mit einem Kettensatz am HLF angeschlagen, während die Geräteablage für den Rettungssatz sowie die maschinelle Zugeinrichtung vom RW vorbereitet wurden. Das HLF hat den PKW dann grob auf die Straße gezogen und sich in Flucht zum RW aufgestellt. Der inzwischen gewendete RW wurde mit dessen Zugeinrichtung ebenfalls am PKW angeschlagen. Dann wurde das Seil auf Spannung gefahren, was dazu geführt hat, dass der PKW sich zwischen HLF und RW in Flucht ausgerichtet hat. Nachdem die Entlastungsschnitte im Schweller gesetzt waren, konnte der PKW auseinandergezogen werden und die Einsatzübung konnte in knapp unter 18 Minuten abgeschlossen werden. Damit endete die Ausbildung auch schon.
Wir bedanken uns bei den beiden Kameraden der benachbarten Feuerwehren, dass sie die frei gewordenen Plätze besetzt haben, beim Bauhof für den Winterdienst und beim Irakli von HRG für die anschaulichen acht Stunden.

Hinweis: Auf den Fotos wirkt es, als würden sich Personen innerhalb der 1,5 fachen Länge des Zugseils um die Anschlagpunkte befinden. Dies war natürlich nur der Fall, wenn das Seil vor dem eigentlichen Ziehen auf Spannung gebracht wurde, um die Länge der Ketten und Sitz der Anschlagmittel zu prüfen. Dies war im Rahmen der Schulung aus Ausbildungsgründen erforderlich.